Sonntag, 29. Juli 2012

Autos und Öko

Blauer Brief für VW

Heute habe ich endlich den Brief an VW geschrieben, den ich schon ewig loswerden wollte. Der Text darf gerne als Vorlage verwendet werden, um ihn an andere Hersteller und eigene Erfahrungen anzupassen und dort dem Management auf die Nerven zu gehen:


Sehr geehrte Damen und Herren,

ich wollte Sie hiermit darüber informieren, dass meine Frau und ich entschieden haben, unsere beiden VWs (Polo und T4) noch einmal durch den TÜV zu bringen. Warum sollte Sie das interessieren? Wir beide sind nun fast lebenslang, also seit ungefähr 30 Jahren zufriedene VW Kunden, zuletzt sogar Neuwagenkunden. Genauso lange und noch länger sind wir überzeugte Umweltschützer und regen uns über die Produktpolitik aller Hersteller, insbesondere natürlich aber unserer Marke VW, auf. Seit 30 Jahren verschlafen Sie eine ökologische Umstrukturierung Ihrer Flottenpolitik und kommen Sie mir jetzt nicht mit Ihren Greenwashing-Feigenblatt-PR-Aktivitäten.
Langer Rede kurzer Sinn: In zwei Jahren werden wir unsere Nachfolgemodelle kaufen. Für den kleinen einen Stromer, für den großen einen Hybrid oder, falls es irgendwer bis dahin endlich auf die Reihe bringt, ein Brennstoffzellenfahrzeug. Wenn VW bis dahin nicht ökologisch, technisch und preislich überzeugende Angebote auf dem Markt hat, werden Sie zwei lebenslange Kunden verlieren. Schade eigentlich, denn mit Qualität, Service und Kulanz waren wir immer sehr zufrieden.

Mit freundlichen Grüßen für eine nachhaltige Zukunft, Rainer Hitzler

Dienstag, 17. Juli 2012

Bankenkrise, Bankenkrise, Bankerkrise


Wer bitte ist Libor?


Alles nur Kleingeld?
Jedesmal wenn ich den Wirtschaftsteil der „Zeit“ lese und aufs Neue die letzten Schurkereien aus der Bankenlandschaft präsentiert bekomme – hier nur ein Teil von dem, was über die Liborschweinereien in der Printausgabe steht – überlege ich, weshalb das  so ist, dass offensichtlich Banker, die in einem Segment arbeiten, das „am großen Rad dreht“, die Weltwirtschaft bestimmt, in großer Anzahl korrumpierbar und verantwortungslos sind. Dagegen sind alle Banker, die ich persönlich kenne, die sich mit ganz normalen Kunden abgeben, absolut verlässliche Leute, die man auch mit Millionensummen nicht dazu bewegen könnte, das Geld ihrer Kunden mit dubiosen Geschäften aufs Spiel zu setzen. Diese Leute haben auch ganz klar erkannt, welche Risiken in sogenannten „modernen“ Finanzprodukten stecken und haben solche nie für ihre Kunden oder ihre Bank gekauft. Sie sind auch völlig problemlos durch die Finanzkrise geschippert, einfach weil sie rechnen können. Ist es Voraussetzung für Chefsessel großer Geldinstitute, dass man das Rechnen verlernt?
Allerdings sind die großen Bosse ja ganz gute Rechner, wenn es um Provisionen, Boni, Abfindungen und Pensionen geht. Die Banker, die ich kenne verdienen zwar gut, aber immer noch deutlich weniger, als unsere Bundeskanzlerin. Ich muss da immer an die Szene aus „Pretty Woman“ denken, wenn Julia Roberts, nachdem er sie vor einer Vergewaltigung durch seinen Kompagnon gerettet hat, Richard Gere ins Gesicht schleudert: „Bringen sie euch Jungs das auf dem College bei, wie man eine Frau ins Gesicht schlägt?“
Lernt man auf der London School of Economics oder einfach auf dem steilen Weg nach oben, wie man Kunden, Politik, ganze Volkswirtschaften und sich selbst betrügt? Was treibt Leute wie Barclay Chef Diamond? Was hindert die amerikanische Justiz die Verantwortlichen der Lehman Pleite endlich vor Gericht zu stellen? Wo ist der Fehler im System, der dafür sorgt, dass die Banker der kleinen Leute grundsolide Finanzhandwerker sind und die Obermacher und Gesprächspartner unserer Politiker Größenwahnsinnige im Stile eines Ackermann oder Notheis?
Okay ich weiß: Geld verdirbt den Charakter. Aber ich bin mir völlig sicher, dass ich mindestens 50 Leute kenne, die mit ausreichender Qualifikation so einen Job machen könnten und trotzdem nicht abheben würden. Warum schaffen es die nicht in solche Positionen?
Es muss das Killergen sein, das einem erst ermöglicht einen Konkurrenzkampf für diese Leitungspositionen auszuhalten, das sich eben letztlich auch als ein Gen der Verantwortungslosigkeit aus mangelnder Moral zeigt. Denn das ist es ja, was diesen Leuten fehlt: Die Moral richtig von falsch zu unterscheiden. Und keiner sage mir, das sei in diesen Dimensionen nicht mehr möglich. Die wissen ganz genau, welche menschlichen und wirtschaftlichen Prinzipien sie mit Füßen treten.
Aber genug auf die großen Abzocker geschimpft, denn wir sind oft nicht besser: Jeder weiß, dass bei Geschäften mit einer Rendite von über 10 Prozent irgendjemand die Zeche zahlt. Seien es Arbeitnehmer, die Umwelt, die Zukunft oder ganz einfach betrogene Anleger. Würde niemand in solche Geschäfte investieren, dann wäre der Spuk bald beendet. Wobei natürlich auch hier wieder gilt: Es sind nicht die kleinen Anleger, die solche Geschäfte machen, sondern die, denen sowieso schon zu viel Geld am Arsch klebt. Insofern ist der Vorschlag einer Vermögensabgabe auf große Vermögen über 250 000 Euro pro Person, zur Refinanzierung der Eurokrise, sehr bedenkenswert und sollte auf jeden Fall weiterverfolgt werden. Vielleicht wäre das ja mal was für die Piraten, um auch auf einem anderen Feld der Politik, außerhalb der Netzpolitik, Profil zu zeigen.

Bildnachweis: Chocolat auf www.pixelio.de

Dienstag, 10. Juli 2012

Ein Buch übers Erwachsenwerden: "Du und Ich"


Nicolò Ammanitis Roman „Du und Ich“

Diesmal hat mich ein Buch so gefesselt, dass ich es an einem Tag lesen und außerdem eine ausführliche Rezension schreiben musste: Nicolò Ammanitis Roman „Du und Ich“.
Hier möchte ich nur ganz subjektiv anmerken, dass ich mich ganz ausgezeichnet in die Rolle dieses ängstlichen Jungen Lorenzo versetzten konnte, der sich mit Hilfe sozialer Mimikry durchs Leben laviert. Vielleicht war ich nicht ganz so ängstlich als Kind aber mindestens so sehr in Träumen verloren. Vielleicht brauche ich heute genauso viel soziale Mimikry, um unerkannt als „immer noch Träumer“ durchs Leben zu kommen.  Ein Buch für alle, die sich ein bisschen herausgefallen fühlen aus der Gesellschaft.
Dazu hat Ammaniti dem Buch eine Rahmenhandlung verpasst, die den Realitätsschock für alle Träumer bereit hält. Keine leichte aber faszinierende Kost.

Mittwoch, 20. Juni 2012

Wahl in Griechenland

Samaras soll Griechenland aus der Krise führen

Die Altparteien sollen es nach dem Willen der griechischen Wähler noch einmal probieren, Griechenland reformieren und im Euro halten. Kann das gut gehen? Ich hätte es toll gefunden, wenn sich der neue Hoffnungsträger Alexis Tsipras in der Realpolitik hätte beweisen müssen. Sicher hätte er der EU mehr abgehandelt als Samaras das schaffen wird. Vielleicht hätte er einen Anfang gemacht, Griechenland aus dem Sumpf der Selbstbereicherung zu führen. Vielleicht auch nicht, dann wär das wenigstens klar gewesen. Samaras? Ein Neuanfang schaut anders aus. Aber jeder soll seine Chance bekommen und ich als Griechenlandliebhaber hoffe unverdrossen, dass die Griechen endlich ein funktionierendes Staatswesen bekommen, das den Leuten hilft, ihr Leben zu leben und nicht den Millionären, ihr Geld ins Ausland zu karren!

Freitag, 15. Juni 2012

Und wieder ein Buch:


 „Der Genosse, die Prinzessin und ihr lieber Herr Sohn“ von André Kubiczek


Ausgehend von der eigenen Kindheit in der DDR schreibt Kubiczek in seinem autobiografischen Roman "Der Genosse, die Prinzessin und ihr lieber Herr Sohn" über die eigene Familiengeschichte und damit einhergehend DDR-Geschichte, Wendezeit aber auch über Laos, die Heimat seiner Mutter und die 60er Jahre in Russland, wo sich seine Eltern beim Studium kennen gelernt hatten.
Sehr assoziativ springt Kubiczek durch Zeiten und Räume und knüpft dabei ein emotionales Netz, in dem das Bild des eigenen Lebens und das seiner Familie langsam immer deutlicher hervortritt. Den Kampf der Eltern um eine so außergewöhnliche Liebe zwischen der Tochter einer einflussreichen laotischen Familie und einem Stahlarbeitersohn aus der DDR mitten im real existierenden Sozialismus, Kindheit, Jugend und Militärzeit als „mandeläugiger“ Exot in der kleinbürgerlichen DDR-Welt, Tod des Bruders und der Mutter, dann Wende und völlig auf den Kopf gestelltes Leben, all das beschreibt Kubiczek lapidar, nicht wertend. Nur durch die Einblicke in die eigene Gefühlswelt entsteht ein auch emotional erfahrbares Bild eines Lebens und der Geschichte, in die dieses Leben eingebettet ist. Lesenswert!

Dienstag, 12. Juni 2012

Leseerlebnis Wendekrimi


"Zeugin der Toten“ Krimi von Elisabeth Hermann


"Zeugin der Toten" eben zu Ende gelesen. Ein atemloser Krimi mit einer sehr unwahrscheinlichen und trotzdem glaubhaft gezeichneten Hauptfigur. Dafür, dass er im Agentenmilieu der Vor- und Nachwendezeit spielt, rennen vielleicht ein bisschen arg viel Gutmenschen rum. Davon abgesehen aber Krimiunterhaltung, die mich vom ersten Wort an gefesselt hat und eine Menge DDR/BRD-Historie kurzweilig verpackt.

Kunst in Kaufbeuren


Ausstellung „Das Narrative in der Fotografie“ im kunsthaus kaufbeuren


Wer sie noch nicht gesehen hat, dem empfehle ich die Ausstellung „Das Narrative in der Fotografie“, die im kunsthaus kaufbeuren nur noch bis zum 1. Juli läuft. Der etwas sperrige Titel soll auf die Geschichten hinter oder in den Fotos hinweisen und das haben die Aussteller wirklich beachtlich umgesetzt. Ausführliche Texte bei den Bildern – leider etwas tief, wohl kindgerecht, angebracht und schlecht beleuchtet aber sehr informativ – lassen einen mit den Bildgeschichten nicht allein, sondern liefern Hintergründe und Biografisches zu den Fotografen.
Mein absoluter Favorit die Aufnahme eines Elefantenauges mit dem Kopf seines langjährigen Betreuers direkt daneben. Ein Wahnsinnsbild mit einer Wahnsinnsgeschichte dahinter. Einfach hingehen und anschauen, wer in der Nähe ist!
Außerdem für mich besonders beeindruckend: Betonhotelruinen in der Sinaiwüste. Investitionsruinen aus tausendundeine Nacht im 20. Jahrhundert.
Fotos und Fotosequenzen von über 30 Künstlern aus drei Jahrhunderten. Ich fand´s klasse!

Sonntag, 10. Juni 2012

Spanische Bankenkrise


Die ersten hundert Milliarden für Spanien. Wer bietet mehr?


Wer die verschiedenen Wirtschafts-, Banken- und Finanzkrisen der letzten Wochen, Monate, Jahre ein bisschen verfolgt hat, der weiß, was im Moment in Spanien abläuft. Eine nach der anderen werden in Kellern von Banken, öffentlichen Institutionen, Regionen und staatlichen Einrichtungen die jeweiligen Leichen zur Veröffentlichung präpariert, um in klingende euronische Münze umgewandelt zu werden. Vergleicht man Spanien mit der letzten kleinen Eruption am Finanzmarkt – Griechenland – kann man auf eine mittelfrisitg endgültige Summe von ca. 800 Milliarden Euro hochrechnen. Nicht so schlimm! In den entsprechenden Rettungsfonds liegen ja über eine Billion bereit, um solchen kleinen Krisen Abhilfe zu schaffen.

Es ist ja auch in meinen kleinen, bescheidenen Bürgeraugen nicht falsch, das System Euro mit ein paar hundert Milliarden schnell gedruckter Euro zu retten. Was einfach nervt ist die Tatsache, dass niemand aber auch wirklich niemand, der dafür Verantwortung trägt, zur Kasse gebeten wird. Die Lösung wäre im Moment allenfalls ein guter Diktator der Finanzwelt:

  • Als solcher würde ich jeden einzelnen Griechen, der mehr als ein Million im Ausland gebunkert hat, mit Hinweis auf anstehende Enteignung seines Vermögens zwingen, seine Kohle komplett ins griechische Wirtschaftssystem zu investieren.
  • Ich würde jeden Banker, der noch eine Job hat und irgendwelche faulen Immobilienwetten abgeschlossen hat, zwingen, jeden Euro eigenes gebunkertes Kapital so lange in Immobilien zu investieren, bis der Schaden wieder gut gemacht ist.
  • Ich würde jeden Broker, der seine Kohle im ultraschnellen Computerhandel verdient, mit Swats, Swaps oder anderen Casinowetten, so lange mit Finanztransaktionssteuern quälen, bis er seine Computer gerne aus dem zwanzigsten Stock seiner Wall-Street Immobilie schmeißt und sich wieder dem widmet, wofür Broker mal erfunden wurden: Risikokapital für Firmen der Realwirtschaft zu beschaffen.

Diese Liste ließe sich noch fast unbegrenzt um weitere Ideen erweitern, die alle leider rechtlich, politisch nicht durchsetzbar sind. Ihnen allen ist aber gemeinsam, dass eine Rückkehr von moralischen und ethischen Mindeststandards im Wirtschaftsleben, diese Maßnahmen überflüssig machen würden.