Samstag, 14. Juni 2014

SEO und meine Seele



SEO

Seek Engine Optimization – Suchmaschinenoptimierung. Leute, die das machen, das sind die, die dafür sorgen, dass Sie als Internetbenutzer auf einer bestimmten Homepage landen, ob Sie das wollen oder nicht. Oder haben Sie sich noch nie darüber gewundert, dass Sie bei Google Herrenschlipse eingegeben haben und bei Damenunterwäsche herausgekommen sind? Oder Sie suchen einen Spaten und die ersten zehn Suchergebnisse bei Google beglücken Sie mit Gartensaunen, Teichanlagen und – Damenunterwäsche! Nicht, dass Sie das dem Suchergebnis sofort ansehen würden. Nein, da steht durchaus Herrenschlips, Krawatte, Spaten oder Gartenspaten. Nur wenn Sie die Seite betreten, dann sind sie weg, eben mal kurz in den Tiefen der Seite verschwunden. 80 Prozent der Leute verlassen die Seite in diesem Moment sofort. Aber nicht mal die sind für den Seitenbetreiber verlorene Liebesmüh, denn Google zählt die Klicks auf eine Seite und jeder Klick hilft, die Seite bei der nächsten Suche noch ein bisschen besser zu platzieren. Dann kommen noch mehr Leute, die Herrenschlipse oder Gartenspaten suchen auf die Seite mit der Damenunterwäsche. Die Gartensaunen und Teichanlagen wollen wir an dieser Stelle jetzt einmal vernachlässigen.
Also 80 Prozent der User verlassen die Seite genervt sofort, helfen aber ungewollt dem Betreiber, bei der nächsten Suche besser, das heißt weiter oben in den Suchergebnissen gelistet zu werden. Ranking heißt das und nur die Suchergebnisse auf der ersten Seite zählen für den SEO-Profi! Zehn Prozent der User machen sich unverdrossen auf der Damenunterwäschenseite auf die Suche nach Herrenschlipsen oder Gartenspaten. Natürlich finden sie weder das eine noch das andere! Aber sie verweilen auf der Seite, was wiederum Google registriert und beim nächsten Ranking positiv berücksichtig. Neun von den zehn Prozent verlassen anschließend genervt die Seite, haben aber ungewollt dem Seitenbetreiber geholfen – siehe oben! Das verbliebene Prozent beginnt sich langsam für Damenunterwäsche zu interessieren oder klickt auf eine Werbung für – ja richtig – Gartenspaten oder Herrenschlipse, die zufällig am linken Rand der Seite auftaucht. Der Klick trägt dem Seitenbetreiber zwischen zehn und 50 Cent ein, je nach Attraktivität seiner Seite und des geklickten Angebots. Übrigens wird der linke Rand dreimal häufiger angeklickt als der rechte – der Gott des SEO weiß warum.
Verbleiben die letzten zehn Prozent User, die nach Schlipsen oder Spaten gesucht haben. Fünf davon sind Damen, die auf der Suche nach einem Geschenk für ihren Herzallerliebsten sind. Sie lassen sich relativ schnell davon überzeugen, dass es für ihren Partner mindestens genauso beglückend ist, ihn mit hübscher Wäsche zu überraschen, wie mit einem Schlips oder Spaten. Die anderen fünf sind Herren, die sich von den hübschen Models, die die verführerische Unterwäsche präsentieren, leicht überzeugen lassen, auf der richtigen Seite gelandet zu sein, obwohl von Spaten oder Krawatten weit und breit nichts zu sehen ist. Egal ob sie nun die Seite in allen Einzelheiten studieren, tatsächlich Wäsche für ihre Liebste erstehen oder auf die Werbung für ein Seitensprungportal am linken Rand der Seite klicken – in jedem Fall nützen sie dem Seitenbetreiber. Auf irgendeine Weise, direkt oder indirekt verdient er Geld an den klickenden Usern.
Ein wichtiger Bestandteil der SEO-Arbeit ist, neben verschiedenen technischen Details, das keywordoptimierte Texten. Bestimmte Begriffe – Keywords, Schlüsselbegriffe eben – müssen in bestimmten Prozentsätzen, am besten auch in Zwischenüberschriften und fett gedruckt in den Text eingearbeitet werden. Das freut den Google Roboter - Spider, Spinne heißt der – und er gibt dem Text in seinem Netz, dem World Wide Web, dafür ein gutes Ranking. Der vorliegende Text zum Beispiel kann als SEO optimiert für die Begriffe Spaten, Gartenspaten, Damenunterwäsche, Wäsche, Schlips, Herrenschlips, Krawatte und SEO gelten, denn diese Worte erscheinen in googleoptimierter Häufigkeit. Jemand, der eine reine Werbeseite erstellt, die ausschließlich  von den Klicks auf Werbeanzeigen und –banner lebt, könnte ihn prächtig für den Fang von Internetusern nutzen, die auf der Suche nach Gartenspaten, Herrenschlipsen, Damenunterwäsche oder SEO-Optimierung sind. Kein Inhalt, nur Klicks auf Werbung und gutes Ranking – so kann man heute Geld verdienen.
Der Autor dieser Zeilen, er gesteht es mit Scham im Herzen, verdient gutes Geld mit der Produktion solcher Texte, denn sie verlangen durchaus sprachliches Fingerspitzengefühl, das ein Computer und auch viele Computerfreaks, bisher - zum Glück - noch nicht zu bieten in der Lage sind. Lieber wäre ihm, er würde mit satirischen Texten über SEO Geld verdienen, als mit SEO Texten über Satire. Aber wer ist schon bereit, dafür pro Text fünfzig bis hundert Euro abzuliefern?

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